Neue Bewertung der Pflegebedürftigkeit
Die Pflegebedürftigkeit wird seit dem 1. Januar 2017 neu bewertet. Entscheidend ist nicht mehr der Zeitaufwand für die Pflege, sondern die Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen.
Bisher galten Menschen als pflegebedürftig, wenn sie aufgrund körperlicher Einschränkungen Unterstützung benötigten. Geistige oder psychische Beeinträchtigungen wurden dabei kaum berücksichtigt. Mit den Pflegestärkungsgesetzen wurde diese Ungleichbehandlung schrittweise bis zum neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff aufgehoben. Der Anspruch auf Pflegeleistungen ist nunmehr unabhängig von der Art der Beeinträchtigung.
Bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit ist nun entscheidend, ob Unterstützung zum Ausgleich von Einschränkungen in der Selbstständigkeit erforderlich ist. Dabei wird zum Beispiel die Fähigkeit, eine Treppe zu steigen, auch dann beurteilt, wenn im Haushalt des Bedürftigen gar keine Treppe vorhanden ist.
Die Sichtweise bei der Beurteilung hat sich geändert: Bisher wurde die Perspektive der Pflegenden eingenommen und der Zeitbedarf für ihre pflegerische Tätigkeiten galt als Maß für die Einstufung. Den Pflegegrad bestimmen jetzt die noch vorhandenen Fähigkeiten der Betroffenen, ihren Alltag selbstständig zu bewältigen. Der Pflegebedürftige rückt also in den Mittelpunkt.
Module zur Berechnung des Pflegegrades
Zur Einschätzung des Grades der Pflegebedürftigkeit dient das „Neue Begutachtungsassessment" (NBA). Da bei der Begutachtung die individuellen Fähigkeiten in allen Lebensbereichen erfasst werden, ist das NBA ein komplexes Instrument. Es gliedert sich in acht Module. Sie werden unterschiedlich gewichtet.
- Modul 1: Mobilität (10 Prozent)
- Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Es geht entweder Modul 2 oder Modul 3 mit 15 Prozent in die Bewertung ein.)
- Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (Es geht entweder Modul 2 oder Modul 3 mit 15 Prozent in die Bewertung ein.)
- Modul 4: Selbstversorgung (40 Prozent)
- Modul 5: Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (20 Prozent)
- Modul 6: Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte (15 Prozent)
- Modul 7: Außerhäusliche Aktivitäten (geht nicht in die Bewertung ein, wird nur dokumentiert)
- Modul 8: Haushaltsführung (geht nicht in die Bewertung ein, wird nur dokumentiert)
Erläuterung:
- Das Modul 4 „Selbstversorgung" hat eine Gewichtung von 40 Prozent und nimmt deshalb den größten Anteil in der Bewertung ein. Die anderen Module, die in die Bewertung eingehen, haben eine Gewichtung von 10 bis 20 Prozent.
- Aus den Modulen 1 bis 6 dienen fünf als Grundlage für die Bemessung der Pflegebedürftigkeit.
- Bei den Modulen 2 „Kognitive und kommunikative Fähigkeiten" und 3 „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen" geht nur der jeweils höhere Wert in die Bemessung ein.
- Die Module 7 „Außerhäusliche Aktivitäten" und 8 „Haushaltsführung" werden lediglich dokumentiert, sie gehen aber nicht in die Bewertung ein.
Überleitung von der Pflegestufe zum Pflegegrad
Wenn bereits vor dem 1. Januar 2017 Pflegebedürftigkeit festgestellt wurde, wird die Pflegestufe zum nächsten Jahr in einen Pflegegrad (PG) überführt. Bei der Überleitung ist ausgeschlossen, dass sich Leistungsansprüche verschlechtern. In den meisten Fällen findet sogar eine deutliche Verbesserung statt. Die Überleitung erfolgt automatisch ohne Antragstellung. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen brauchen dafür nicht selbst aktiv zu werden. Eine neue Begutachtung ist ebenfalls nicht erforderlich.
- Pflegebedürftige mit eingeschränkter Alltagskompetenz werden +2 höher gestuft. Beispiel: Wer Pflegestufe 1 mit eingeschränkter Alltagskompetenz hat, wird ab 2017 dem Pflegegrad 3 zugeordnet sein.
- Bei Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen gilt die Regel +1. Beispiel. Wer jetzt der Pflegestufe 2 zugeordnet ist, wird in den Pflegegrad 3 eingestuft.
- Der Pflegegrad 1 gilt nur für neu eingestufte Personen.