Politische Forderungen und Stellungnahmen in den Sozialen Diensten
Fachkräftemangel lindern
Der Fachkräftemangel, insbesondere in der ambulanten und stationären Altenpflege, verschärfte sich auch im vergangenen Jahr. Der ASB warnte, dass Arbeitgeberattraktivität und Tariflöhne diese Problematik nicht lösen, sondern lediglich den Druck auf die Einrichtungen und Dienste verringern können. Der ASB forderte, die Politik müsse Rahmenbedingungen schaffen, damit Mehrkosten keinen Wettbewerbsnachteil darstellen. Ein ungelöstes Problem sei beispielsweise die nachhaltige und wirksame Deckelung der Eigenanteile in der Pflege – einschließlich der ambulanten Pflege.
Da die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte und deren Ausbildung in Deutschland in den letzten Jahren nicht zu einer Entspannung der Situation beigetragen haben, obwohl hier der größte Hebel vermutet wird, um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, forderte der ASB: Der Zuzug und der Zugang ausländischer Fach- und Arbeitskräfte zur Ausbildung in Deutschland müssen vereinfacht werden. Dazu gehöre auch eine stetige Willkommenskultur, was gegenwärtig aufgrund der Verwaltungspraxis nicht gewährleistet sei.
Der ASB kritisierte das Vorgehen von Personaldienstleistern, die gezielt Pflegefachkräfte aus Einrichtungen und Diensten abwerben, um sie zu erheblichen Mehrkosten im Zuge der Arbeitnehmerüberlassung zur Verfügung zu stellen. Dieses Problem müsse mehr Aufmerksamkeit erhalten. ASB-Präsidentin Dr. Katarina Barley forderte Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, insbesondere in der Altenpflege. Sie betonte, dass der Bedarf an Fachkräften der steigenden Zahl der Pflegebedürftigen nicht mehr gerecht werde und dringend gegengesteuert werden müsse, um eine Verschärfung der Unterversorgung zu verhindern.
Gleichzeitig forderte der ASB gezieltere Maßnahmen in Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Freiwilligendiensten, um mehr Menschen für soziale Berufe zu gewinnen und auch die sogenannte „stille Arbeitsmarktreserve“ gezielter zu erschließen. Gleichzeitig müsse die schulische Bildung verbessert werden, da es inakzeptabel sei, dass jährlich etwa 45.000 Jugendliche ohne Hauptschulabschluss die Schule verlassen. Zusätzlich zur Arbeitgeberattraktivität sei auch die Standortattraktivität durch Lebensqualität und Infrastruktur in den Kommunen von Bedeutung.
ASB fordert mehr Chancengerechtigkeit für armutsbetroffene Kinder und Jugendliche
Für viele Familien spitzte sich die finanzielle Krise im vergangenen Jahr weiter zu, vor allem für diejenigen, die ohnehin bereits arm oder armutsgefährdet leben. In einem großen Schulterschluss mit 62 Unterzeichnenden – Verbänden, Gewerkschaften, weiteren Organisationen und Einzelpersonen – unterstützte der ASB im Bündnis „Ratschlag Kinderarmut“ am 14. November die Forderung nach „Solidarität mit armutsbetroffenen Kindern, Jugendlichen und ihren Familien – besonders in der Inflationskrise!“.
Dort, wo Familien unter Druck geraten, können Angebote der Kinder- und Jugendhilfe gezielt entlasten und leisten einen wichtigen Beitrag zum präventiven Kinderschutz. Der ASB forderte daher eine auskömmliche Finanzierung von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe zur Förderung armutsbetroffener Kinder. Der Verband hält in der Kinder- und Jugendhilfe vielfältige Betreuungs- und Bildungsangebote vor – von Kitas über Heimerziehung bis zu ambulanter Familienhilfe und Jugendarbeit. „Solche Angebote sind wichtige Anlaufstellen, insbesondere in der derzeitigen Inflationskrise“, sagte ASB-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Martin Fichtmüller.
Foto: ASB/Hannibal
Energie-Rettungsschirm für soziale Einrichtungen
Der ASB forderte im September die Bundesregierung auf, einen Energie-Rettungsschirm für soziale Einrichtungen zu schaffen. „Uns erreichen alarmierende Nachrichten aus unseren Einrichtungen. Bei Neuabschluss von Verträgen müssen soziale Einrichtungen bis zu 800 Prozent mehr für Gas und Strom bezahlen“, sagte ASB-Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Martin Fichtmüller. Einrichtungen mit noch laufenden Energielieferverträgen müssten mit der vorzeitigen Kündigung ihrer Verträge und unkalkulierbar hohen Preissteigerungen rechnen. Die Energiesparpotenziale der Einrichtungen seien gering und die Absenkung der Raumtemperatur bei Pflegebedürftigen, Menschen mit Behinderung oder Kleinkindern in voll- bzw. teilstationären Einrichtungen nicht zumutbar. Außerdem seien soziale Einrichtungen in den Entlastungspaketen bislang vergessen worden.
Dr. Uwe Martin Fichtmüller
Der ASB betonte, es gehe an der Realität vorbei, wenn die Politik darauf verweist, wegen der Mehrkosten mit den Pflegekassen bzw. den Kommunen zu verhandeln, denn viele Kostenträger verweigerten sich einer Neuverhandlung der Sachkosten. Und für eine hoch krisenhafte Situation, in der jede Pflegeeinrichtung individuell verhandeln müsste und auf zeitnahe Verhandlungsergebnisse angewiesen wäre, sei das Verfahren nicht ausgelegt. Fazit: Das zu erwartende Defizit infolge der ungedeckten Kosten können die Einrichtungsträger nicht schultern, denn gemeinnützige Einrichtungen und Dienste verfügen nur über begrenzte Rücklagen, da sie keine Gewinne erzielen dürfen und Mittel zeitnah zu verwenden sind.
Aus vielen ASB-Einrichtungen erreichten den Bundesverband Brandmeldungen über existenzielle Sorgen bis hin zur Befürchtung der Insolvenz. Der Bundesverband forderte daher, dass der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eingebrachte Vorschlag, kleine und mittlere Unternehmen unter den Schutz eines Energie-Rettungsschirms zu stellen, alle gemeinnützigen Träger sozialer Dienstleistungen einschließt. Ein Lösungsansatz müsse angesichts der unterschiedlichen Finanzierung der sozialen ASB-Einrichtungen unter anderem in der Pflege, der Behinderten- oder Kinder- und Jugendhilfe sicherstellen, dass sowohl kommunale als auch über (Pflegekassen) finanzierte Leistungen erfasst werden.