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Jubiläum

Die Geschichte einer Wiedergründung

Im frühen 20. Jahrhundert war der ASB mit mehr als 500 Samariter-Kolonnen in Ost- und Mitteldeutschland vertreten. Nach dem Verbot durch die Nationalsozialisten 1933 durfte sich der ASB nach Kriegsende nur in den westlichen Besatzungszonen wiedergründen. Seit 25 Jahren ist er aber wieder dabei: der ASB in Ost- und Mitteldeutschland.

Schwere Unfälle kamen in den Betrieben und Werkstätten des 19. Jahrhunderts häufig vor.

Schwere Unfälle kamen in den Betrieben und Werkstätten des 19. Jahrhunderts häufig vor.

Foto: ASB-Archiv

Die Anfänge des ASB

Auf dem „Schlachtfeld der Arbeit" sterben im ausgehenden 19. Jahrhundert unzählige Menschen. Die Versorgung der Verunglückten und Verletzten ist  jedoch mangelhaft und primitiv. Sanitätskolonnen, die für den Einsatz im Krieg gegründet wurden, stehen nur bürgerlichen Schichten offen; Arbeiter sind davon ausgeschlossen.

Schließlich entscheiden sich die Arbeiter, sich selbst zu helfen. So wird am 20. November 1888 im Berliner Volksblatt ein Inserat mit der „Einladung zum Lehrkursus über die Erste Hilfe bei Unglücksfällen" veröffentlicht. Getreu dem Motto „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner" organisieren die Arbeiter die Erste-Hilfe-Ausbildung eigenständig und kümmern sich nun selbst um die Sicherstellung ärztlicher Betreuung von Verletzten nach Arbeitsunfällen. Zusätzlich entwickeln sie neue Arbeitsschutz- und Unfallvorschriften und sorgen für die Verbesserung der hygienischen Bedingungen in Arbeiterwohnungen und Hospitälern. Die ersten Ärzte, die sich für die Erste-Hilfe-Kurse der Arbeiter engagieren, entwickeln Lehrpläne und eigene Lehrbücher. Sie nennen die Kurse „Samariter-Kurse".

Aufstieg des ASB

Rund 20 Jahre nach der Gründung der ersten ASB-Kolonne treffen sich Ostern 1909 Samariter-Kolonnen aus ganz Deutschland in Magdeburg: Der ASB-Bundesverband wird gegründet. Der Sitz des Bundesverbandes wird Berlin, als erster Bundesvorsitzender wird Emil Stein gewählt. Als Hauptaufgabe wird festgelegt, „... Arbeiter und Arbeiterinnen heranzubilden in der ersten Hilfeleistung bei Unglücksfällen und plötzlich auftretenden Erkrankungen, ferner die Arbeiterschaft aufzuklären, wie Unglücksfälle vermieden werden". 1914 verzeichnet der ASB bereits Sanitätskolonnen in 108 Städten mit 6.000 Mitgliedern, rund 21.000 Hilfeleistungen und Einnahmen in Höhe von 24.488,50 Mark.

ASB sorft für die medizinische Betreuung bei Ferienspielen.

ASB sorgt für die medizinische Betreuung bei Ferienspielen.

Foto: ASB-Archiv

Unruhige Zeiten

1920 ist die Zahl der ASB-Kolonnen auf 191 Kolonnen mit 13.627 Mitgliedern gestiegen. Doch die 1920er Jahre erweisen sich für den ASB als turbulent. Putschversuche und Straßenunruhen fordern die Samariter in ganz Deutschland. Dabei geraten sie immer wieder zwischen die Fronten, werden verhaftet, denunziert oder gar im Einsatz getötet.

1921 rufen die Kommunisten die Arbeiter-Samariter auf, sich ihnen anzuschließen. Der Bundesvorstand lehnt dies ab und schließt einzelne ASB-Mitglieder aus, die dann den „Proletarischen Gesundheitsdienst" (PGD) gründen.

 

Im Zuge der Auseinandersetzungen beschließt die ASB-Bundestagung 1923 die Verlegung des ASB-Sitzes von Berlin nach Chemnitz mit einem neuen Bundesvorstand. Der ASB betreibt nun systematisch seinen Ausbau zur Wohlfahrtsorganisation der Arbeiterschaft. In Fabriken, Betrieben, Baustellen und Bergwerken verstärkt der ASB sein Engagement. Er fordert Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeiter. Insgesamt 3.000 ASB-Betriebs-Samariter gehen in die Fabriken, um dort die hygienischen Zustände und Sanitätseinrichtungen zu verbessern und bei Arbeitsunfällen zu helfen. 

1928 wird in Chemnitz das erste Bundeshaus des ASB als modernes Bürogebäude, Schulungsstätte, zentraler Warenversand und Werkstatt mit Sattlerei zur Fertigung von Verbandtaschen, Tragen und Zelten eingeweiht.

Auflösung und Verbot

Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wird der ASB 1933 verboten. Zu diesem Zeitpunkt besitzt der ASB 2,5 Mio. Reichsmark. Er zählt 1.574 Kolonnen und 52.362 aktive Mitglieder. Über die Hälfte der Mitglieder sind in 541 ost- und mitteldeutschen Städten mit Sanitäts- und Rettungseinrichtungen aktiv. Am stärksten vertreten ist der ASB in Sachsen mit 22,7 Prozent der Sanitätskolonnen und 23,5 Prozent der Mitglieder. Die Samariter, die millionenfach geholfen haben, müssen ihre Arbeit einstellen.

Die Samariter sind zurück

Am 8. Mai 1945 kapituliert das Deutsche Reich, der Krieg ist zu Ende. Deutschland wird unter den Siegermächten USA, Großbritannien, Frankreich und der Sowjetunion aufgeteilt. Der Wiederaufbau beginnt. Bereits Ende 1945 treffen sich die ersten überlebenden Arbeiter-Samariter, um über die Möglichkeiten zur Wiedergründung des Arbeiter-Samariter-Bundes zu beraten. Viele haben ASB-Vereinsbanner, Erste-Hilfe-Lehrbücher, Akten oder andere Ausrüstungsgegenstände über die Kriegsjahre gerettet.

Doch die Besatzungsmächte standen der Wiedergründung des ASB zunächst skeptisch gegenüber. Erst nach und nach erlaubten die westlichen Alliierten die Vereinsgründungen, allerdings unter dem Vorbehalt, dass alte Klassengegensätze aus der Weimarer Republik  nicht mehr aufleben dürfen. Die neue deutsche Gesellschaft soll pluralistisch sein. Dem stimmen die Wiedergründer des ASB zu: Der neue ASB wird wieder eine parteipolitisch neutrale und konfessionell ungebundene Wohlfahrtsorganisation.

Westdeutschland: Der Wiederaufbau des ASB beginnt

Als eine der ersten tritt die ASB-Kolonne Neumünster 1946 in der britischen Besatzungszone wieder an die Öffentlichkeit. In den nächsten Jahren gründen sich überall  im Westen Deutschlands ASB-Kolonnen wieder. 1952, zur ersten Bundestagung nach der Auflösung 1933, sind es bereits 100 Kolonnen. 1982 zählt der ASB 403.611 Mitglieder, 1988 feiert er seinen 100. Geburtstag. Zu diesem Zeitpunkt rechnet noch niemand damit, dass es nur zwei Jahre später die ersten Ortsverbände auf ostdeutschem Boden nach 1933 geben wird.

Der ASB in der SBZ

Ehemalige Samariter finden sich nach Kriegsende wieder zusammen und gründen den ASB in den westlichen Besatzungszonen neu.

Die Versuche ehemaliger Samariter den ASB nach Kriegsende wiederzugründen schlagen fehl. Der Sanitätsdienst wird zunächst von den Gesundheitsabteilungen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) übernommen.

Foto: ASB-Archiv/Jacobson-Sonnenfeld

Alle Wiedergründungsversuche in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) schlagen fehl. Zunächst wird der Sanitätsdienst von den Gesundheitsabteilungen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) übernommen. Die 1949 gegründete DDR übernimmt die ablehnende Haltung der sowjetischen Militäradministration gegenüber dem ASB und gründet per Erlass des Ministerrates vom 23. Oktober 1952 das DRK der DDR. Alle ehemaligen Samariter werden aufgefordert, dort mitzumachen.

Mitte der 1980er Jahre lädt das DRK der DDR den ASB zu einem Besuch in das DRK-Präsidium nach Dresden ein. Der Gegenbesuch in der Bundesrepublik findet vom 22. bis 26. August 1988 statt. Die Vertreter beider Organisationen kommen überein, durch Expertenaustausch bei Ausbildung, Krankentransport, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und Jugendarbeit die Kontakte weiter zu intensivieren.

Wieder da: der ASB in Ost- und Mitteldeutschland

Im Zuge der Umwälzungen in der Sowjetunion durch Gorbatschows „Glasnost" und „Perestroika" kommt es bereits im Frühjahr und Sommer 1989 zu Massenfluchten aus der DDR. Am 30. September 1989 erhalten tausende Flüchtlinge, die in der  Deutschen Botschaft in Prag ausharren, ihre Ausreiseerlaubnis in die Bundesrepublik.  Es setzt eine große Hilfsaktion der ASB-Gliederungen ein: Sie verteilen Verpflegung, errichten Suppenküchen und sorgen für die ersten Übernachtungsmöglichkeiten. Als Notaufnahmelager werden Camps eingerichtet, Wohnschiffe gemietet sowie Feldlagerbetten in Turnhallen, Rettungswachen und ASB-Heimen aufgestellt. Wohnungen und Arbeitsplätze werden beschafft.

Als die Mauer am 9. November 1989 schließlich fällt, sind insgesamt mehr als 200.000 Übersiedler aus der DDR in die Bundesrepublik gekommen.

Der Eiserne Vorhang fällt

„Die Mauer wird so lange bleiben, wie die Bedingungen nicht geändert werden, die zu ihrer Errichtung geführt haben. Sie wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind," sagt der DDR-Staats- und SED-Chef auf einer Tagung des Thomas-Müntzer-Komitees in Ost-Berlin.

Es kommt bekanntlich anders: Nach 28 Jahren der Trennung öffnet Günter Schabowski am Abend des 9. November 1989 fast beiläufig die Mauer. Zehntausende Menschen brechen daraufhin zu den verschiedenen Berliner Grenzübergängen auf, voller Unglauben und Hoffnung. Dann öffnen sich die Schlagbäume und Menschen aus Ost und West jubeln und feiern. Die Deutsche Teilung ist Geschichte. Im Bonner Bundestag gibt Annemarie Renger, damalige Bundestagsvizepräsidentin und ASB-Präsidentin, die Öffnung während einer Bundestagssitzung bekannt. Die Abgeordneten stimmen spontan das Deutschlandlied an.

Das Wochenende nach dem Mauerfall 1989 versorgen Samariter tausende Besucher aus der DDR in Westberlin. Bis Sonntagabend wurden mehr als 28.000 Portionen Heißgetränke ausgegeben.

Das Wochenende nach dem Mauerfall 1989 versorgen Samariter tausende Besucher aus der DDR in Westberlin. Bis Sonntagabend wurden mehr als 28.000 Portionen Heißgetränke ausgegeben.

Foto: Wolfgang Recker

Die Mauer ist weg

Am Morgen des 10. November 1989 ist jedem in Deutschland, Ost wie West, klar, dass jetzt eine neue Zeit beginnt. Die DDR befindet sich in einem revolutionären, aber friedlichen Umwälzungsprozess. Dass bald eine Wiedervereinigung vor der Tür steht, zeichnet sich noch nicht ab, aber dass es bald möglich sein wird, im alten Stammland des ASB in Mittel- und Ostdeutschland wieder ASB-Gliederungen zu gründen, ist jetzt sicher.

Zunächst aber sehen sich die westlichen ASB-Gliederungen vor gewaltige Herausforderungen gestellt: Besucherströme der DDR-Bürger müssen betreut und verpflegt und Hilfe muss bei dem einen oder anderen Problem geleistet werden.

Die ersten Schritte zur Wiedergründung

Im Dezember 1989 werden alle ASB-Gliederungen von der Bundesgeschäftsstelle gebeten, ihre Kontakte zu nutzen, um ASB-Gliederungen in der DDR wiederzugründen. Das ist eigentlich gar nicht nötig: Die ASB-Gliederungen werden spontan und selbstständig tätig. Besucher aus der DDR lernen in der Bundesrepublik den ASB kennen. Viele Kontakte finden auch im Rahmen der innerdeutschen Städtepartnerschaften statt. Hilfreich ist auch eine Anzeige des Bundesverbandes in allen DDR-Tageszeitungen, in der für die Gründung von Ortsverbänden geworben wird.

Die ASB-Bundesgeschäftsstelle wird Koordinationsstelle, vermittelt Partner- und Patenschaften und gibt sofort den aktuellsten Überblick über Anforderungen und Anfragen aus der DDR,  leistet Investitionshilfen und stellt Waren und Geräte bereit. Außerdem stellt die Bundesgeschäftsstelle ein Starterpaket für neue Ortsverbände zur Verfügung – mit Leitfäden als Arbeitshilfe, mit Mustersatzung, Richtlinien, wichtigen Gesetzen und Finanzierungsmöglichkeiten.

ASB-Sonderfonds für die Wiedergründung

Im Bundesvorstand wird der Wiedergründung von ASB-Gliederungen in der DDR höchste Priorität eingeräumt. Schon am 3. Februar 1990 beschließt der Bundesvorstand einen Sonderfonds in Höhe von 500.000 DM.  Am 5. Mai 1990 wird der Fonds auf 950.000 DM erhöht. Bei einer Klausurtagung am 31. August 1990 muss der Bundesgeschäftsführer berichten, dass dieser Betrag ebenfalls schon wieder überschritten wurde.

An den Bundesausschuss am 13. Oktober 1990 wird der Antrag gestellt, den Fonds auf zwei Millionen DM zu erhöhen. Bis zum Jahresende 1990 werden dann 3,5 Millionen DM verbraucht. Die Bewilligung der Finanzmittel erfolgt jeweils einstimmig. Starthilfen für neue DDR-Ortsverbände erfolgen auch für Anschubfinanzierung und für die Anstellung von Personal und Soldzahlungen für Zivildienstleistende. Bestellungen beim Warenversand der Bundesgeschäftsstelle sind ohne Bezahlung möglich.

Der erste ASB-Ortsverband in Ostdeutschland

Im Wohnzimmer der Familie Wangerin wird am 27. Januar 1990 der erste ASB-Ortsverband auf ostdeutschem Boden seit 1933 wiedergegründet.

Im Wohnzimmer der Familie Wangerin wird am 27. Januar 1990 der erste ASB-Ortsverband auf ostdeutschem Boden seit 1933 wiedergegründet.

Foto: ASB-Archiv/Claus Vogel

Am 27. Januar 1990 entsteht der erste ASB-Ortsverband in der DDR: In Güstrow haben 16 Frauen und Männer in der Wohnung von Sybille und Jürgen Wangerin an einer aus drei Tischen zusammengestellten Tafel Platz genommen. Es ist eine bunt zusammengewürfelte Gruppe: Maurer, Tischler, Verwaltungsangestellte, zwei Kindergärtnerinnen, ein selbstständiger Handwerksmeister und ein Student aus der DDR sowie ein Finanzbeamter, ASB-Rettungssanitäter, ehrenamtliche Helfer samt Geschäftsführer aus Bad Oldesloe und Schleswig-Holsteins Justizminister Dr. Klaus Klinger, Präsident des ASB in Schleswig-Holstein, sind zum deutsch-deutschen Treffen nach Güstrow gefahren. Von nun an gründen sich fast wöchentlich neue ASB-Gliederungen.

Die ersten Spezial-Kraftfahrzeuge rollen an

Der Aufruf des Bundesverbandes, Spezialkraftfahrzeuge für die neuen DDR-Ortsverbände zur Verfügung zu stellen, löst ein enormes Echo aus. In der Bundesgeschäftsstelle ist Axel Theil, Leiter des Referats Beschaffungen, rund um die Uhr beschäftigt, Spezialfahrzeuge aus ganz Westeuropa zu organisieren und abzuholen. Gebrauchte Spezialfahrzeuge für eine Rettungsorganisation stehen nicht auf Abruf zum Kauf bereit, sondern müssen mühsam gefunden werden. Im ersten Halbjahr der Wiedergründung, bis Mai 1990, liefert der ASB 62 Kraftfahrzeuge:  12 Behindertentransportwagen (BTW), 29 Krankenwagen (KTW), 13 Rettungswagen (RTW), 6 Notarzteinsatzwagen (NEF), zwei Autos für Essen auf Rädern (NEF).

SMH und ASB werden Partner

Zu den ersten Institutionen, die sich wegen Hilfe und Zusammenarbeit an den ASB wenden, gehört die Schnelle Medizinische Hilfe (SMH) mit ihren leitenden Ärzten. Seit 1976 erfolgt die mobile notfallmedizinische Betreuung in der DDR durch die SMH. Vom ASB werden alle 181 SMH-Leitstellen mit Material über die Geschichte und die Leistungen des ASB versorgt, was zahlreiche Einladungen zu Gesprächen in der DDR zur Folge hat.

Der SMH-Direktor des Bezirkes Halle, Dr. Wilfried Mövius, lädt spontan den ASB-Bundesgeschäftsführer Wilhelm Müller und den ASB-Bundesarzt Dr. Friedhelm Bartels nach Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) in die SMH-Dienststelle ein. Dort tagen am 10. April 1990 die SMH-Direktoren und der SMH-Problemkreis. Viele der dort Anwesenden gründen noch im Laufe des Jahres 1990 den ASB an ihrem Ort bzw. veranlassen eine Gründung. Im Rahmen des REttungsdienstes fahren 29 Krankentransportwagen, 13 Rettungs- und sechs Notarztwagen des ASB für die SMH.

Bärbel Warnke und Michael Möller besichtigen den neuen Wagen, der dem ASB Kaarßen vom ASB Stormarn übergeben wurde.

Bärbel Warnke und Michael Möller besichtigen den neuen Wagen, der dem ASB Kaarßen vom ASB Stormarn übergeben wurde.

Foto: ASB-Archiv

Erste-Hilfe-Ausbildung für Führerscheinbewerber

Um die ersten Einnahmen zu erzielen, führen die DDR-Ortsverbände neben dem Transport von Menschen mit Behinderung in Spezialfahrzeugen auch Erste-Hilfe-Kurse für Führerscheinbewerber durch. Aufgrund einer mündlichen Empfehlung des Ministerrates können nun auch andere Organisationen als das DRK der DDR diese Ausbildung durchführen.

Zivildienst beginnt

Die Volkskammer beschließt am 20. Februar 1990 die „Verordnung über den Zivildienst in der DDR" als Ersatz über die Bestimmungen zum „Wehrersatzdienst als Bausoldat".

Die ersten Zivildienstleistenden werden beim ASB in der DDR ab 7. Mai 1990 in Görlitz tätig. Sieben Zivildienstleistende werden dort in den ASB-Kraftfahrzeugen eingesetzt, die für die Schnelle Medizinische Hilfe (SMH) im Einsatz sind.

Das frühe Engagement im Zivildienst in der DDR hat nach der Wiedervereinigung positive Auswirkungen: Der ASB erhält 1992 den Zuschlag für den Bau einer Zivildienstschule in Barth, Mecklenburg-Vorpommern. Zunächst werden 50 Zivis monatlich ausgebildet.

Bei der Feierstunde zur Eröffnung der Zivildienstschule am 6. Mai 1992 ist die damalige Bundesministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel, anwesend und gibt grünes Licht für einen Erweiterungsbau mit 160 Plätzen. Der ASB-Bundesverband hat bauliche Investitionen in Höhe von 12 Millionen DM aufzubringen.

Es handelt sich um ein Pilotprojekt. Die ASB-Zivildienstschule Mecklenburg-Vorpommern ist die erste Schule in Deutschland, die junge Männer für den Umweltschutz vorbereitet. Es gibt 2.000 Plätze, die noch nicht qualifiziert ausgebildete Zivildienstleistende für den Umweltschutz einsetzen können. Die ehemalige Zivildienstschule wird ab 2011 eine Schule für den Bundesfreiwilligendienst.

Systematischer Aufbau

Im Mai 1990 richtet der ASB ein hauptamtlich besetztes Büro in Ostberlin ein. Zwei Büroräume werden im Medizinischen Betreuungszentrum in Ostberlin angemietet. Dieses Betreuungszentrum in der Straße der Befreiung war vorher Sitz der Stasi-Bezirksverwaltung für Berlin-Ost. Dort sind jetzt die meisten neuen Hilfs- und Wohlfahrtsorganisationen untergekommen. Der ASB bildet mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband eine Bürogemeinschaft und kann nun gezielt alle Termine bei der DDR-Regierung in Ostberlin wahrnehmen sowie die Gründung neuer Ortsverbände intensiver unterstützen. Eine der wichtigsten Aufgaben ist es, eine Krankentransportzulassung zu erhalten.

Die D-Mark kommt

Durch den Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. Mai 1990 zur Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion kommen die einschneidendsten Veränderungen auf die DDR-Bürger und die neuen ASB-Ortsverbände zu.

Eine Samariterin zeigt in Stralsund wie Erste Hilfe funktioniert.

Eine Samariterin zeigt in Stralsund wie Erste Hilfe funktioniert.

Foto: ASB Nord-Ort

Die ASB-Gliederungen mit ihren Dienstleistungen im Krankentransport erhalten nun Rechtssicherheit. Mit der Richtlinie des Ministers für Gesundheitswesen und des amtierenden Direktors der Verwaltung der Sozialversicherung zur Finanzierung der stationären und ambulanten Einrichtungen des Gesundheitswesens vom 19. Juni 1990 werden Festlegungen zur Veränderung der Finanzierung  und zur Dezentralisierung getroffen. Allerdings, übergangsweise bis zum 31.12.1990, gilt dies nur für staatliche Einrichtungen wie die SMH. Die ASB-Gliederungen können ihre Aufwendungen jetzt über die SMH abrechnen.

Zum Zeitpunkt der Währungsunion sind 8.500 Mitglieder aus der DDR in der Mitgliederverwaltung der Bundesgeschäftsstelle registriert. Durch das einheitliche Währungsgebiet BRD/DDR ist der ASB in Köln nun in der Lage, ab dem 1. Juli 1990 die Mitgliedsbeiträge zentral bargeldlos einzuziehen. Zum Jahresende 1990 erhöht sich die Zahl der ASB-Mitglieder in Ost- und Mitteldeutschland auf 18.188.

ASB ist erster gesamtdeutscher Wohlfahrtsverband

Annemarie Renger und Wilhelm Müller sitzen auf der 13. Bundeskonferenz in Hamburg nebeneinander.

ASB-Präsidentin Annemarie Renger und ASB-Bundesgeschäftsführer Wilhelm Müller auf der Bundeskonferenz 1990 in Hamburg

Foto: ASB-Archiv

Am 22. Juli 1990 werden aus den 15 DDR-Bezirken fünf neue Länder gebildet. Ost-Berlin wird mit West-Berlin vereinigt. Vom 15. bis 30. September 1990 finden die ASB-Landesverbandsgründungen statt. 10.500 ASB-Mitglieder sind zu diesem Zeitpunkt in 70 Ortsverbänden organisiert.

Am 13. Oktober 1990 sind die neuen Landesvorsitzenden mit ihren Stellvertretern schon bei der Sitzung des Bundesausschusses in Köln anwesend. Auf der Tagesordnung steht die „Aufnahme von fünf neuen Landesverbänden in den ASB". Nach § 4 (3) der ASB-Bundessatzung ist dies notwendig – die Aufnahme erfolgt einstimmig. Der ASB-Bundesvorsitzende Martin Ehmer und ASB-Präsidentin Annemarie Renger können stolz verkünden, dass der ASB die erste gesamtdeutsche Wohlfahrtsorganisation ist.

Wiedervereinigung Deutschlands

Rasant vollzieht sich nach dem Staats-Vertrag zur Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion die Vereinigung beider deutscher Staaten. Im Rahmen der „Zwei-plus-Vier-Konferenzen" der vier Siegermächte und der beiden deutschen Staaten werden anfänglich bestehende psychologisch und wirtschaftlich bedingte Vorbehalte Englands und Frankreichs gegen die Wiedervereinigung ausgeräumt. Die Sowjetunion stimmt dem vollständigen Abzug sowjetischer Truppen aus Ostdeutschland zu. Mit der aus der vorgezogenen Volkskammerwahl vom 18. März 1990 hervorgegangenen Koalitionsregierung der DDR unter Lothar de Maizière schließt die Bundesregierung den zweiten Staatsvertrag, der den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik nach Artikel 23 des Grundgesetzes für den 3. Oktober 1990 vorsieht. Der Vertrag wird am 20. September 1990 von der Volkskammer der DDR mit wenigen Gegenstimmen angenommen und am selben Tag vom Bundestag beschlossen. Nach dem 3. Oktober 1990 ist die DDR Geschichte und hat aufgehört zu existieren.

Der ASB in den Neuen Ländern

Noch am 13. September 1990 wird von der DDR-Volkskammer nach vielen Beratungen unter Beteiligung des ASB das „Rettungsdienstgesetz der DDR" beschlossen. Es berücksichtigt die Wünsche des ASB. Seine Investitionen seit dem Frühjahr 1990 in 29 KTW, 13 RTW und sechs NEF aus Eigenmitteln haben sich gelohnt. Die Bundesregierung liefert aufgrund einer Bedarfsliste, die der ASB bereits am 30. April 1990 eingereicht hat, 20 Notarztwagen an die ASB-Gliederungen im Wert von 2,2 Millionen DM. Gleich nach der Wiedervereinigung regeln die Landkreise und Kommunen den Rettungsdienst in eigener Zuständigkeit neu und beteiligen den ASB je nach Leistungsfähigkeit.

SMH wird abgelöst

Der bisherige Dienst der Schnellen Medizinischen Hilfe (SMH) wird so lange aufrechterhalten, bis ein voll funktionsfähiger neuer Rettungsdienst installiert ist. Zur Kostenregelung wird festgelegt, dass Personal- und Betriebskosten mithilfe von Benutzerentgelten durch die im Aufbau befindlichen Krankenkassen zu finanzieren sind. Die Verhandlungen darüber führen die Träger des Rettungsdienstes, die Kommunen und Landkreise. Diese leisten Abschlagszahlungen an die beauftragten Rettungsdienstorganisationen.

Aufbau des Transportdienstes

Der Spezialtransporter ermöglicht den Menschen mit Behinderung in Königs Wusterhausen eine neue Bewegungsfreiheit.

Der Spezialtransporter ermöglicht den Menschen mit Behinderung in Königs Wusterhausen eine neue Bewegungsfreiheit.

Foto: MAZ/Peter Hein

Einen Spezialtransportdienst für Rollstuhlfahrer gab es in der DDR nicht. Deshalb trifft das Engagement des ASB für Menschen mit Behinderung auf große Resonanz. Der ASB-Bundesverband stellt sofort 21 Spezialwagen zum Transport für Menschen mit Behinderung zur Verfügung.

Bis Ende 1991 hat der ASB 53 Fahrdienststationen aufgebaut. Von dort werden in einem Jahr 393.322 Menschen mit Behinderung und Rollstuhlfahrer befördert und betreut. Im Rahmen der Inklusionsarbeit eröffnet der ASB in Königs Wusterhausen und in Hermsdorf Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Gesamtdeutsche Bundeskonferenzen in Hamburg und Leipzig

Ganz im Zeichen der Wiedervereinigung steht die 13. ASB-Bundeskonferenz vom 16. bis 18. November 1990 im Hamburg. Zum ersten Mal seit 57 Jahren sind wieder Delegierte aus Mittel- und Ostdeutschland dabei, und das mit vollem Stimmrecht, denn sie gehören jetzt gleichberechtigt zum gesamtdeutschen ASB.

Neue Herausforderung für den ASB

Der Aufbau des ASB läuft noch auf Hochtouren, da stellt sich eine neue Herausforderung, die die ganze Kraft der ASB-Gliederungen beansprucht. Im Herbst 1990 erlebt die Sowjetunion eine katastrophale Versorgungslage. Die Bundesregierung reagiert auf Bitten des sowjetischen Staatspräsidenten Michail Gorbatschows sofort und bietet ihre Hilfe an. Man spricht von der erfolgreichsten Solidaritätsaktion in der Geschichte der Bundesrepublik.

Am 8. November 1990 startet die Hamburger Hilfsaktion für Leningrad (St. Petersburg), der Partnerstadt von Hamburg. Der ASB übernimmt das Einsammeln der Sachspenden und Lebensmittelpakete und bringt sie nach Leningrad. Der Wert beträgt bis Januar 1991 mehr als 10 Millionen DM.

Zur Jahreswende 1990/91 hat der ASB so über 5.100 Tonnen Hilfsgüter in die Regionen Leningrad, Minsk, Kiew, Wolgograd, Rostow am Don, Smolensk, Riasan, Jaroslavl, Orjol und Uzgorod geliefert. 

Der ASB in Erfurt hat sich am 12. März 1990 wiedergegründet. die Mitarbeiterin der Sozialstation unterwegs mit dem ASB-Trabi.

Eine Mitarbeiterin der Erfurter Sozialstation unterwegs mit dem ASB-Trabi.

Foto: ASB-Archiv

Aufbau von Sozialstationen

Die Bundesregierung hat bereits seit dem Frühjahr 1990 die Absicht, im Rahmen ihres Programms zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung in der DDR eine Neugestaltung der bisherigen ambulanten Versorgung vorzunehmen.

Der Paritätische übernimmt den Vorschlag und das Modell von ASB, VS und VDK für eine gemeinsame „Paritätische Sozialstation". Der ASB-Bundesverband ist dabei zuständig für die zentrale Abwicklung des Programms, das heißt Beschaffung der Ausstattung, und trägt die Verantwortung für korrekte Mittelverwendung und Abrechnung. 

Für 80 Sozialstationen stehen 2,8 Millionen DM an Bundesmitteln zur Verfügung. Jetzt läuft in der Bundesgeschäftsstelle unter der Leitung von Axel Theil ein gewaltiges Beschaffungsprogramm an. Alles muss schnell gehen, und alles muss noch 1990 ausgeliefert werden, was mit Unterstützung der ASB-Ortsverbände Worms, Bad Oldesloe, Taunusstein und Berlin, die die Auslieferung in den einzelne Bundesländern übernehmen, problemlos klappt.

1991 stellt die Bundesregierung zusätzliche 30 Mio. DM den Wohlfahrtsverbänden zur Verfügung, um weitere Sozialstationen aufzubauen und bestehende mit Material und Gerät zu ergänzen. Der ASB kann seine 82 Sozialstationen (Ende 1990) bis Ende 1991 auf 104 erhöhen.

Aufbau des Katastrophenschutzes

Mit der Wiedervereinigung gilt das bundesdeutsche Gesetz über den Zivilschutz und das Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes auch auf dem Gebiet der früheren DDR. Schon im September 1990 hat die DDR-Regierung die bis dahin militärische Struktur des Zivilschutzes in der DDR aufgegeben und diesen Aufgabenbereich dem Innenminister zugeordnet.

In einer ersten Stufe werden vom Bundesinnenminister auf dem Gebiet der früheren DDR 80 Sanitätszüge bereitgestellt, davon erhält der ASB 18 Züge. Ein Zug besteht aus je vier Kleinbussen, sieben Großraumkrankenwagen und einem Motorrad. Dafür werden auch die Bewirtschaftungsmittel bereitgestellt. Ab 1992 werden weitere 80 Sanitätszüge aufgebaut.

Stationäre Feierabendheime

Eine Mitarbeitern des ASB-Feierabendheims in Grabow gemeinsam mit einem Bewohner und dessen Sohn auf dem Sommerfest.

Eine Mitarbeitern des ASB-Feierabendheims in Grabow gemeinsam mit einem Bewohner und dessen Sohn auf dem Sommerfest.

Foto: privat

1990 gibt es in der DDR rund 1.350 sogenannte Feierabendheime mit etwa 141.000 Plätzen.  In den staatlichen Heimen arbeiten rund 57.000 Personen, von denen 60 Prozent eine fachspezifische Qualifikation haben. Die Heime werden überwiegend von speziell ausgebildeten Ökonomen des Gesundheits- und Sozialwesens sowie von Fürsorgerinnen und Krankenschwestern und -pflegern mit Zusatzqualifikation geleitet. Dennoch bleibt die Situation der baulichen Grundlagen unbefriedigend, denn rund 25 Prozent der Plätze befinden sich noch immer in Gebäuden, die vor 1919 errichtet und für die jetzige Nutzung nicht vorgesehen sind. Das Fehlen von Aufzügen, Heizungen und modernen Sanitärinstallationen beeinträchtigen die Wohn- und Betreuungsbedingungen genauso wie hohe Reparaturkosten und Einschränkungen aus dem Denkmalschutz.

Viele Kommunen sind nach der Wiedervereinigung mit dem Betrieb der Feierabendheime überfordert und suchen neue Träger. Dem ASB werden jetzt viele Einrichtungen zur Übernahme angeboten. Dort, wo es diese Angebote nicht gibt, machen sich die einzelnen ASB-Ortsverbände in Eigeninitiative dafür stark, die Heime, die sich noch in kommunaler Trägerschaft befinden, zu übernehmen.

Die ersten Feierabendheime übernimmt der ASB bereits Anfang 1991 in Güstrow (30 Plätze), Chemnitz (350 Plätze), Senftenberg (419 Plätze), Boizenburg (45 Plätze), Erfurt (181 Plätze), Görlitz (234 Plätze), Halle (45 Plätze), Leipzig (444 Plätze). Bis Ende 1991 sind es 23 Pflegeheime mit 3.147 Betten und 1.832 hauptamtliche Pflegekräfte.

Durch die großzügigen Förderprogramme der Bundesregierung im Rahmen des „Gemeinschaftswerkes Aufschwung Ost" stehen für die Jahre 1991 / 1992 den Bundesländern 5 Milliarden DM zur Verfügung. 1991 können die ASB-Ortsverbände für Sanierungen der  Feierabendheime 1.336.000 DM an Zuwendungen einsetzen. Hinzu kommt das „Soforthilfeprogramm für die Alteneinrichtungen in den neuen Bundesländern". Dieses Programm in Höhe von 15 Millionen DM steht allein den Wohlfahrtsverbänden zur Verfügung für Investitionen bis zu 150.000 DM pro Einrichtung.

Seit der Übernahme des ersten Feierabendheimes war es Strategie des ASB-Bundesverbandes, die Trägerschaft und Leitung der Häuser an die Ortsverbände zu übertragen. Neben der Übernahme von 23 Feierabendheimen und deren Sanierung und Modernisierung können die Ortsverbände im Laufe der Jahre 43 stationäre Pflegeeinrichtungen neu bauen und betreiben heute 68 Pflegeheime mit 6.255 Betten (Stand 2014).

In den Polikliniken wurden verschiedene medizinische Fachgebiete unter einem Dach vereint. Hier bedient eine Röntgenassistentin das Rötgengerät.

In den Polikliniken wurden verschiedene medizinische Fachgebiete unter einem Dach vereint. Hier bedient eine Röntgenassistentin das Rötgengerät.

Foto: privat

Polikliniken

Die rund 600 Polikliniken waren die wichtigsten ambulanten Einrichtungen des staatlichen Gesundheitswesens in der DDR. Sie bündelten verschiedene medizinischen Fachgebiete unter einem Dach. Die Ärzte waren staatliche Angestellte. Sie ersetzten die privatwirtschaftlich geführte Praxis eines niedergelassenen Arztes.

Ende 1990 wird der ASB Berater für das Brandenburger Sozialministerium und entwickelt das Modell des privatwirtschaftlich geführten Gesundheitszentrums und Ärztehauses auf der Basis einer gemeinnützigen GmbH. Es wird als „Brandenburger Modell" bekannt. Es ist ein Modellprojekt, das die Vorteile des alten DDR-Gesundheitssystems mit den neuen westlichen Bedingungen verknüpft und das den ums Überleben kämpfenden rund 600 Polikliniken zwischen Elbe und Oder als Vorbild dienen soll.

Die Ärzte arbeiten dabei künftig als Angestellte des ASB und beziehen ein festes Gehalt – unabhängig von der Zahl der erledigten Krankenscheine. Die ehemalige Poliklinik ist dann einem Verband angeschlossen, zu dem auch Sozialstationen, Krankentransport sowie der Fahrdienst des ASB gehören. Bis Ende 1991 sind sechs Polikliniken in ASB-Gesundheitszentren für 66.000 Patienten umgewandelt.

ASB wird Fachorganisation für Kinder und Jugendhilfe

Kinderkrippen für Kinder bis zum Alter von drei Jahren sowie Kindergärten für die Drei- bis Sechsjährigen waren selbstverständlicher Teil des Lebens der Familien in der DDR. In der DDR gab es bis 1989 das dichteste Netz von Kinderkrippen in Europa: 80 Prozent aller Kinder bis drei Jahre hatten einen Krippenplatz.

Ende 1991 betreut der ASB schon 20 Kindereinrichtungen mit 1.366 Plätzen, dazu zwei Kinderhotels und vier Kinderheime.

Ende 1991 betreut der ASB schon 20 Kindereinrichtungen mit 1.366 Plätzen, dazu zwei Kinderhotels und vier Kinderheime.

Foto: ASB-Archiv

Im Zuge der Wiedervereinigung werden nun auch von den Kommunen Kindergärten, Kinderhorte und Kindergrippen den Wohlfahrtsverbänden zur Weiterführung übertragen. Die neuen ASB-Ortsverbände widmen sich sofort dieser neuen Herausforderung. Auch die ersten Jugendgruppen der Arbeiter-Samariter-Jugend werden jetzt ins Leben gerufen.

Bisher überwiegend in der Seniorenbetreuung tätig, beginnt die Organisation jetzt mit der Kinder- und Jugendbetreuung. Ende 1991 betreut der ASB schon 20 Kindereinrichtungen mit 1.366 Plätzen, dazu zwei Kinderhotels und vier Kinderheime. Heute betreibt der ASB in Ost- und Mitteldeuschland 303 Kindertageseinrichtungen: Kindergärten, Kinderkrippen und Kinderhorte (Stand 2014).

Rückerstattung

Das Vermögen des ASB wurde 1933 aufgrund des Gesetzes über die Einziehung volks- und staatsfeindlichen Vermögen vom 14. Juli 1933 beschlagnahmt. Es wurde auf 60 Mio. Reichsmark geschätzt. In der Bundesrepublik erhielt der ASB nach jahrelangen Bemühungen auf der Grundlage des Bundesrückerstattungsgesetzes vom 19. Juli 1957 eine Entschädigung in Höhe von 2,5 Mio. DM.

Mit Schreiben von 5. Juli 1990 meldet der ASB seine Ansprüche an den DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière. In den anschließenden jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen mit der Bundesregierung, dem ab 3. Oktober 1990 zuständigen „Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen", zeichnet es sich ab, dass nur eine Rückübertragung von Immobilien erfolgt. Eine darüber hinausgehende Pauschalentschädigung kommt nicht in Betracht.

Der ASB kann nun erfolgreich die Rückübertragung von früheren ASB-Immobilien erreichen, darunter die frühere Bundesgeschäftsstelle in Chemnitz, Ludwig-Kirsch-Str. 23, die mit Verfügung der Stadt Chemnitz vom 22. Januar 1996 an den ASB-Bundesverband zurück übertragen wird. Der ASB- Chemnitz betreibt jetzt in diesem Gebäude eine betreute Altenwohnanlage.

Das ASB-Bundeshaus in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) in den 1980er Jahren (li.) und im Jahr 2014. Heute betreibt der ASB Chemnitz dort eine betreute Wohnanlage.

Das ASB-Bundeshaus in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) in den 1980er Jahren (li.) und im Jahr 2014. Heute betreibt der ASB Chemnitz dort eine betreute Wohnanlage.

Foto: ASB-Archiv (li.); ASB Chemnitz (re.)

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