[ Navigation beginnen ]>>Navigation überspringen[ Navigation beenden ]
Wählen Sie bitte eine Kategorie aus
Interview

Haiti: 4 Jahre nach dem Erdbeben

Am 12. Januar 2010 erschütterte ein schweres Erdbeben Haiti. Im Interview erklärt Alexander Mauz, Projektkoordinator für Mittelamerika, wie sich der ASB seitdem für eine nachhaltige Entwicklung des Landes engagiert.

Der ASB ist seit vier Jahren in der Region Petit Goâve und Grand Goâve tätig. Welche Hilfe ist derzeit noch nötig?
Alexander Mauz: Der Wiederaufbau und die Entwicklung von Haiti sind sehr komplex. Die meisten Menschen haben zwar wieder ein Dach über dem Kopf, leben allerdings immer noch unter prekären Verhältnissen. Sie leiden unter Armut, hoher Arbeitslosigkeit und unsicheren politischen Bedingungen. Viele Menschen haben einfach nichts zu essen. Außerdem wird Haiti fast jährlich von Hurrikans getroffen. 2012 hinterließ etwa Wirbelsturm Sandy verheerende Verwüstungen in der gesamten Region.

Haiti benötigt also auch weiterhin unsere Hilfe. Derzeit laufen noch Wiederaufbaumaßnahmen und Projekte zur Katastrophenvorsorge, um die Gemeinden darin zu stärken, kommende Naturkatastrophen ohne große Schäden zu meistern. Finanziert werden diese Projekte aus Mitteln des Bundesministeriums für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ).
Aber auch das Thema Ernährungssicherung ist für uns von großer Bedeutung. Es gilt, die landwirtschaftlichen Ressourcen Haitis zu nutzen und damit neue Arbeitsplätze und Perspektiven zu schaffen.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Lage in Haiti den kommenden Jahren entwickeln?
Alexander Mauz: Die Menschen in Haiti haben großes Potenzial. Wichtig für das Land wäre eine gewisse politische Stabilität, sodass langfristige Prozesse, wie z.B. Bildungs – oder Landwirtschaftsprogramme umgesetzt werden können. Dies ist allerdings eine sehr vage Hoffnung.

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und Gemeinden?
Alexander Mauz: Der ASB bezieht die lokalen Behörden und Gemeinden eng in alle Projektaktivitäten ein. Aufgrund der instabilen politischen Lage war das nicht immer einfach, insbesondere unmittelbar nach dem Erdbeben. Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich die Zusammenarbeit mit lokalen Behörden, Ministerien und Stadtverwaltungen Schritt für Schritt verbessert.

2010 lebten in Petit Goâve über 86.000 Menschen in Notunterkünften. Der ASB hat frühzeitig mit dem Bau von Übergangsunterkünften begonnen. Welche Fortschritte verzeichnen Sie in diesem Bereich?
Alexander Mauz: Fast alle vom Erdbeben betroffenen Familien in dieser Projektregion leben heute in Übergangshäusern. Das ist ein toller Erfolg, zu dem der ASB ein Stück beigetragen hat, zusammen mit anderen deutschen und internationalen Hilfsorganisationen.

Der ASB hat in Haiti nicht nur Häuser gebaut, sondern auch Schulen. Warum ist das so wichtig in der Region Petit Goâve?
Alexander Mauz: Der ASB hat bisher mit finanzieller Unterstützung von Aktion Deutschland Hilft (ADH) und der Deutsche Bank Stiftung sechs Schulen errichtet, weitere sechs sind in Planung. Die Gebäude sind erdbeben- und sturmsicher gebaut. Sie werden nicht nur für den Schulunterricht genutzt, sondern dienen auch als Notunterkunft für die Gemeindemitglieder, z.B. im Falle eines Hurrikans.
Natürlich erfüllt der Bau von Schulen auch eine bildungspolitische Aufgabe. Das Thema Bildung hat bei den Haitianern einen sehr hohen Stellenwert. Jedoch sind 80 Prozent der Schulen privat, d.h. dass die Eltern hohe Schulgebühren zahlen müssen und sich zum Teil sogar dafür verschulden. Der ASB unterstützt deshalb den Bau von öffentlichen Schulen und kooperiert eng mit den Gemeinden und dem Bildungsministerium. Davon profitieren langfristig sehr viele Menschen.

Die Katastrophenvorsorge ist ein Schwerpunkt der ASB-Hilfe. Warum ist dieser Aspekt im Rahmen des Wiederaufbaus wesentlich?
Alexander Mauz: Für den ASB ist die Katastrophenvorsorge ein wichtiger Bestandteil für einen nachhaltigen, effektiven Wiederaufbau. Ein zentrales Thema dabei ist z.B. die Sicherung der Bauqualität, damit die Gebäude beim nächsten Sturm oder Erdbeben nicht wieder einstürzen. Deshalb schult der ASB Maurer und Handwerker in katastrophensicherem Bauen. Durch ganz einfache Methoden kann man beispielsweise feststellen, ob Ziegelsteine für den Bau eines Hauses robust genug sind.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die Auswahl der Baufläche, denn Haiti ist ein Land mit vielen Küsten und erosionsgefährdeten Berghängen. Der ASB gibt daher Ratschläge, welches Gelände sich zum Bau eignet. Außerdem vermitteln wir, wie Holz- oder Stahlkonstruktionen die Statik eines Hauses deutlich verbessern können.

Ferner klären ASB-Mitarbeiter die Bevölkerung darüber auf, wie man sich effektiv vor Naturkatastrophen schützen kann. Dieses Wissen kann bei der nächsten Katastrophe Leben retten.

Das Interview führte Marion Michels

Marion Michels